„Nur fünf zufriedene Minuten“
Renate Lukassers linke Gehirnhälfte gehört einer Salzburger
Bank, die rechte dem Malen. Nach einer zweijährigen
Ausbildung an der Leonardo Kunstakademie in Mattsee ist sie
seit 2011 Bilanzbuchhalterin UND Künstlerin.
„Ich liebe Aquarelle wegen ihrer schwebenden Leichtigkeit,“, sagt Renate
Lukasser. Gut gezeichnet hat die gebürtige Niederösterreicherin schon
immer, sogar Kleider für ihre Schwestern entworfen. Bereits im Alter von
acht Jahren wollte sie sich der (Schauspiel-) Kunst verschreiben, doch das
Leben in den 1960er Jahren wollte es anders. Existenzsicherung war das
Gebot der Stunde. Anfang des neuen Jahrtausends meldete sich dann die
rechte Gehirnhälfte. Renate Lukasser absolvierte ein zweijähriges,
berufsbegleitendes Kunststudium mit Abschluss der Meisterklasse und war
endlich Bilanzbuchhalterin UND Künstlerin: „Jetzt war die Zeit reif, mich
auch nach außen als Künstlerin zu präsentieren und zu dem zu stehen, was
und wie ich male.“
Sie beginnt den Weg zum Bild mit „Ehrfurcht vor dem stummen Medium
Leinwand, mit dem ich in Dialog trete.“ Die Antwort lautet meist: „Fang'
endlich mit dem an, was Du willst.“ Und das sind oft Landschaften in
Acryl-, Pastell-und Aquarellfarben mit viel Platz und Raum.
Auf Experimente lässt sie sich genauso gerne ein – Tintographik beispielsweise.
Dabei trägt sie Spezialtinte auf eine Aluminiumplatte auf und schiebt das
Bild in den Ofen. Heraus kommen Werke in leuchtenden Farben, „die mit
nichts zu vergleichen sind.“ Was ihr daran gefällt: „Ich kann sehr spontan
arbeiten, die Motive werden anders und gewinnen eine besondere Tiefe
und Räumlichkeit.“ Oder sie kombiniert die Feinstofflichkeit von Sand aus
aller Welt mit der Festigkeit von Kleister, um ihren Bildern Struktur zu
geben. Einen Plan für die genaue Zusammensetzung dieser Mischung gibt
es nicht, „da geht es mir wie einem Koch, der automatisch zum Salz greift.“
Erst wenn die samtig-weiche Oberfläche perfekt ist, bringt Renate Lukasser
mit dem Pinsel Farbe ins Bild.
Grenzen zu achten, aber auch aufzulösen – das ist ihr Thema, wenn der
Blick aus ihrem Dachateliers in Wals-Himmelreich auf Staufen und
Untersberg abschweift und zur Staffelei zurückkehrt. Da sinniert sie dann
darüber, wann und ob sie ihr Werk freigeben kann: „Nach fünf zufriedenen
Minuten arbeite ich drüber. Aufhören ist schwieriger als anfangen. Doch
irgendwann lasse ich mein Bild dann los.“
Mag. Claudia Dabringer, freie Journalistin im Mai 2014